Turbulenzen als Chance für die Energiewende
Die aktuellen Turbulenzen veranlassen Unternehmen umzudenken: Weg von der Fremdversorgung zur Produktion von eigener Photovoltaik und Speichern. Zentralvorstandsmitglied Roland Büchi, Professor an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften erläutert, welche Chance die aktuelle Situation für die Energiewende bedeuten kann.
Die Energie war über viele Jahrzehnte ein Garant für Stabilität. Wir Ingenieur:innen haben auch im Hintergrund dafür gesorgt, dass davon immer genügend und zur richtigen Zeit vorhanden war. Nun überschlagen sich die Ereignisse. Wenn in Europa weniger Gas und Öl zur Verfügung stehen, muss die Stromproduktion die Lücke schliessen können. Plötzlich steht die Energie also im Rampenlicht. Dafür werden jetzt in vielen Bereichen Task Forces gebildet, welche sich überlegen, wie man mit einer Mangellage umgehen soll. Die gegenwärtige Hektik und der Ausblick aufden nächsten Winter rauben indesvielen den Schlaf.
Erneuter Fokus auf die Energiestrategie 2050
Dabei sollten wir den Fokus wieder auf die langfristige geplante Energiestrategie2050 richten. Die gegenwärtige Misere hat bezüglich der Energiewende auch positive Aspekte an sich. «Per aspera ad astra» sagte der Lateiner, über das Ungemach gelangt man zu den Sternen. Wir werden uns in den nächsten Wintern sicher einschränken und etwas mehr Pullover anziehen müssen. Im schlimmeren Fall wird auch die Wirtschaft betroffen sein, nämlich dann, wenn es zu Stromabschaltungen in der Produktion kommt. Doch viele Unternehmen sind daran, umzudenken, weg von der Fremdversorgung, hin zur eigenen Produktion mit eigener Photovoltaik und Speichern. Die gegenwärtige und noch zu erwartende Preisentwicklung im Energiesektor spielt den erneuerbaren Energien und den neuen Speichertechnologien eigentlich ausgezeichnet in die Hände. Deshalb sind auch die Auftragsbücher derjenigen randvoll, welche diese entwickeln und installieren.
Energieziele auf Kurs
Und auch die Grafik zeigt es: Die Schweiz war schon Ende 2021 auf Kurs mit der Energiestrategie 2050. Es wurden insgesamt 4’712 GWh Strom durch neue erneuerbare Energien (ohne Wasserkraft) produziert. Die Energiestrategie 2050 hatte zu diesem Zeitpunkt als Richtwert mit etwa 4’400 GWh gerechnet. Auch der neu geplante Zielwert für 2035 von 17’000 GWh Jahresproduktion mit erneuerbaren Energien ist problemlos möglich, der jährliche Zubau stimmt schon fast. Mit den gegenwärtigen Entwicklungen wird die rote Ausbaukurve jedoch noch steiler nach oben zeigen. Swiss Engineering fordert in einem neuen Positionspapier zu den Änderungen des Energiegesetzes und des Stromversorgungsgesetzes schon jetzt einen Richtwert für 2035 von 35’000 GWh Jahresproduktion.
Das ist mit vereinten Kräften von Ingenieur:innen, Politik und Gesellschaft möglich und ermöglicht die schrittweise Unabhängigkeit der Schweiz in der Energieversorgung schon in sehr absehbarer Zeit.
Packen wir also die Chance und bauen die erneuerbaren Energien massiv aus. Per aspera ad astra!
Beitrag von: Roland Büchi, Zentralvorstandsmitglied Swiss Engineering STV
Bildquelle: BFE